Im thüringischen Treffurt gibt es keine Apotheke mehr, mehr als 5700 Einwohner:innen benötigen dennoch eine wohnortnahe Versorgung mit Arzneimittel. Seit einem Jahr haben die Menschen einen Gesundheitsmarkt im Ort.
Die frühere Pilgrim-Apotheke wurde umfunktioniert und ist seit einem Jahr ein Gesundheitsmarkt. „Wir haben uns statt einer Schließung entschieden, besser eine kleine Lösung zu finden als gar keine, und somit verhindert, dass die Gesundheitsversorgung vor Ort komplett ausstirbt“, erklärt Christoph Zähle, Inhaber der Brunnenkress-Apotheke im etwa 25 Kilometer entfernten Mühlhausen. „Die Menschen sind sehr dankbar, dass es überhaupt noch eine Anlaufstelle gibt.“
Anfangs mussten die im Gesundheitsmarkt angestellten PTA ihrer Kundschaft häufig erst erklären, dass es sich nicht mehr um eine Apotheke handelt und daher keine apothekenpflichtigen Produkte verkauft werden dürfen. „Es kamen dann Einwände wie: Aber es ist doch nur ein Nasenspray, dafür brauche ich ja kein Rezept“, erklärt PTA Nicole Gernandt. „Mittlerweile haben sich die allermeisten sehr gut mit der Situation arrangiert. Es hat sich herumgesprochen und wir gestalten unser Sortiment so, dass es zu den Bedürfnissen der Menschen passt.“
Verkauft werden Dinge wie Inkontinenzvorlagen, Pflaster und weiteres Verbandsmaterial und viele pflanzliche Alternativen zu apothekenpflichtigen Präparaten. „Ich war auch überrascht, wie viel wir verkaufen dürfen“, berichtet Gernandt. „Auch Blutdruckmessgeräte und Tees oder Lutschpastillen werden gerne gekauft. Manchmal probieren die Menschen auch erstmal das Symptom mit den von uns angebotenen Alternativen zu lindern.“
In vielen Fällen werden Arzneimittel zudem nicht sofort benötigt: „Wenn unsere Patientinnen und Patienten noch ein Rezept haben, leiten wir es weiter an unsere Filiale und bestellen das Nasenspray einfach mit. Wenn etwas sehr Dringendes wie zum Beispiel Antibiotika benötigt werden, dann bieten wir eine Lieferung an“, betont Zähle. „Natürlich finden es auch einige sehr schade, dass es keine richtige Apotheke mehr ist, aber wir bieten einige Lösungen an, um das abzufedern.“ So kann per App von zu Hause vorbestellt werden: „Das klappt erstaunlich gut, auch mit der älteren Generation“, ergänzt Gernandt. „Wir helfen vor Ort sehr gerne mit der Einrichtung der App, das wird gut angenommen.“
Ohnehin sei der Druck einen Weg zu finden derzeit groß, weiß Zähle: „Es müssen immer mehr Apotheken schließen. Bevor die Menschen also gar keine Versorgung mehr haben oder etliche Kilometer zur nächsten Apotheke fahren, arrangieren sie sich und lernen mit der Technik umzugehen oder vorausschauend ihre Medikamente zu bestellen.“
Von der zukünftigen Regierung wünsche sich der Inhaber, „dass nicht jede Apotheke immer alles machen muss“. Es reiche beispielsweise, wenn die Hauptapotheke über ein Labor für Rezepturen verfüge: „Am Ende zählt doch, dass der Patient im Fokus bleibt und zeitnah versorgt wird. Wo seine Salbe letztendlich hergestellt wird ist, zweitrangig.“ Es sei wirtschaftlich sowie personell ein Irrsinn, dass jede Apotheke über dieselben Einrichtungen verfügen müsse. Sollten sich die Bedingungen für Apotheken vor Ort zeitnah verbessern, steht Zähle einer Wiedereröffnung seiner ehemaligen Apotheke durchaus offen gegenüber.