Neben wirtschaftlichen Problemen setzen vor allem große Versandapotheken den Vor-Ort-Apotheken zunehmend zu. Mit hohen Werbebudgets, weniger strengen Kontrollvorgaben und gezieltem Marketing greifen Anbieter wie DocMorris die klassische Arzneimittelversorgung direkt an – und werden mit ihren Werbekampagnen immer aggressiver.
In einer aktuellen Facebook-Kampagne inszeniert sich der niederländische Versender als Lösung für die Versorgungslücken, die durch Apothekenschließungen entstehen: „Apotheke geschlossen? Mach‘s dir Doc einfach!“ – heißt es auf den Werbetafeln von DocMorris. „Medikamente ganz einfach per Knopfdruck bestellen und bequem nach Hause liefern lassen“, wirbt das Unternehmen.
Was DocMorris verschweigt: Versandapotheken übernehmen weder Nacht- noch Notdienste, bieten keine Rezepturen, keine individuelle Beratung und kein Engpass-Management. All das leisten Vor-Ort-Apotheken. Sie betreuen chronisch Kranke, beraten persönlich und klären Rückfragen mit Ärzt:innen.
Entsprechend kritisch fallen die Reaktionen im Netz aus. In den Kommentaren zur Kampagne heißt es etwa: „Ihr brüstet euch noch damit, dass Apotheken kaputt gehen. Sich nur die Rosinen rauspicken und nichts zum Allgemeinwohl beitragen. Wenn man euch nicht seit Jahrzehnten immer wieder Milliarden zu schustern würde, wärt ihr längst weg vom Fenster!“, schreibt ein Nutzer.
Ein anderer Nutzer verweist auf die fehlenden Leistungen der Versandapotheken: „Holländische Arzneimittelversender nehmen nicht am Nacht- und Notdienst Teil, sind nicht vollversorgend und KEINE Lösung für die ländliche Versorgung. Nur die vor Ort Apotheke bietet ALLES! Für ihre Sicherheit – nur vor Ort Arzneimittel kaufen!“
Neben diesen Vorwürfen wenden sich einige Kommentare auch direkt an die Kundschaft: „Und dann sich aufregen, dass es in Deutschland so läuft, wie es läuft. Leute, die Holländer bezahlen keine Steuern in Deutschland! Wenn man bei den ausländischen Apotheken bestellt, gehen die Steuern ins Ausland. Nicht in unsere Schulen, Krankenhäuser, Renten, sondern in die holländische Kassen! Die freuen sich!“
Auch politisch ist das Ungleichgewicht zwischen Vor-Ort- und Versandapotheken mittlerweile Thema: Im Koalitionsvertrag der Ampel heißt es dazu wörtlich: „Auch vereinheitlichen wir die Vorgaben für Vor-Ort-Apotheken und Versandapotheken, insbesondere bei der Einhaltung von Kühlketten und Nachweispflichten.“