Die Betriebskrankenkassen (BKKen) haben ihre Versicherten um eine Einschätzung zum Gesundheitssystem gebeten. Die Apotheken schnitten dabei so gut ab, dass man auch beim BKK Dachverband äußerst wertschätzende Worte fand.
Laut BKK-Kundenreport haben die Hausärtzinnen und Hausärzte zwar mit 92 Prozent die höchste Bedeutung für die Versicherten, vor Fachärzten (88 Prozent), Apotheken (87 Prozent) und Kliniken (84 Prozent). Aber die Zufriedenheit ist bei den Apotheken am höchsten: Sie liegen bei den 5000 Befragten mit 85 Prozent (51 Prozent sehr zufrieden, 34 Prozent zufrieden) vor den Haus- (35 plus 35 Prozent) und Fachärzten (20 plus 32 Prozent) und den Kliniken (28 plus 36 Prozent).
Vorständen Anne-Kathrin Klemm sprach von einem „sehr starken Signal“. Entsprechend wichtig sei die Diskussion darüber, wie man die Apotheken in einen guten Versorgungspfad integrieren könne. Insbesondere im Bereich der Prävention sieht sie Möglichkeiten, denn schon heute würden Patientinnen und Patienten zu Vorsorgethemen beraten und teilweise auch geimpft. „Das sollte nicht on top kommen, sondern idealerweise in einen Pfad eingefügt werden.“
Wichtig sei auch die Anbindung an die elektronische Patientenakte (ePA), sodass der weiterbehandelnde Arzt darauf zurückgreifen könne.
„Wir sind bereits mit den Apotheken in einem guten Dialog“, so Klemm. Denn es gehe auch darum, das Vertrauen der Versicherten in die Versorgung aufrecht zu erhalten – und ihnen eine Versorgung vor Ort anbieten zu können, wo ihre Anlaufpunkte seien. „Unsere Aufgabe als Kassen und die der Politik ist es dafür zu sorgen, dass am Ende alles ineinander greift und nicht jeder vor sich hin arbeitet – und wir es dann doppelt und dreifach zahlen.“
Auch Vorstand Franz Knieps lobte die Apotheken. Dass diese ein flächendeckendes Netz darstellten, sei nicht selbstverständlich. Er gehe täglich auf dem Weg zur Arbeit an mehreren Apotheken vorbei, niedrigschwelliger gehe es kaum: „Da kann man einfach reingehen, ohne Termin, und kann Fragen stellen.“
Allerdings goß er etwas Wasser in den Wein: Denn dass immer die baulichen Voraussetzungen schon gegeben seien, um weitere Leistungen zu erbringen, daran habe er Zweifel. „Apotheken und Politik sollten sich überlegen, ob man nicht die technischen Rahmenbedingungen für Apotheken ändern kann, um eine solche persönliche Leistungserbringung als Heilberuf zu fördern.“ Er spreche jedenfalls ungern über Gesundheitsfragen am Tresen und lieber unter vier Augen als unter zehn.
Gertrud Demmler, Vorständin der Siemens Betriebskrankenkasse (SBK), sprach von einer großen Chance: „Die Apotheke ist mancherorts der einzige professionelle Gesundheitsstandort, den es noch gibt. Das müssen wir nutzen!“
Die Apotheken müssten bedarfsgerecht in Behandlungsprozesse integriert werden, dabei dürfe es auch keine Kämpfe zwischen den Sektoren geben. Aus ihrer Sicht gibt es keine einheitliche Lösung, sondern das Angebot müsse sehr stark an der lokalen Versorgungssituation ausgerichtet werden. Auf dem Land seien die Anforderungen womöglich andere als in der Stadt. „Der Bedarf entscheidet, welche Rolle die Apotheke einnehmen kann.“ Eine intensivere Versorgungssituation vor Ort zu gestalten, sei aber ein wichtiger Schlüssel.
Ein Grund für das gute Abschneiden der Apotheken bei der Umfrage ist übrigens der Zugang zur Versorgung: Etwa 25 Prozent der Befragten bewerteten die Wartezeit auf einen Facharzttermin und etwa 10 Prozent die Wartezeit auf einen Termin bei ihrer Hausärztin oder ihrem Hausarzt als nicht akzeptabel. Gleichzeitig wurde die lokale Versorgung mit Krankenhäusern und Fachärzten kritisch gesehen.
Knieps sprach sich daher auch für mehr Telemedizin aus. „Die Menschen erwarten heute zurecht, dass moderne Technologien eingesetzt werden, um ihnen den Zugang zur Versorgung so leicht wie möglich zu machen – sei es durch digitale Sprechstunden, unkomplizierte Terminvermittlungen oder begleitende Apps im Krankheitsverlauf. Dabei geht es nicht nur um Effizienz und Kostenersparnis, sondern um mehr Lebensqualität und Teilhabe. Telemedizin kann Brücken schlagen, wo heute Lücken in der Versorgung bestehen. Das gilt besonders im ländlichen Raum oder bei chronisch Kranken.“
Dafür brauche es jedoch nicht nur die technische Infrastruktur, sondern auch ein klares politisches Bekenntnis zur digitalen Gesundheitsversorgung. „Telemedizin ist weder eine Notlösung noch eine ‚Versorgung light‘. Sie ist ein entscheidend, um eine qualitätsvolle Versorgung in einer immer älter werdenden Gesellschaft und einem Gesundheitssystem, das einem immer größer werdenden Kostendruck ausgesetzt ist, aufrechtzuerhalten.“ Als Beispiel nannte er das E-Rezept, das laut Umfrage von 55 Prozent der Versicherten bereits digital eingelöst werde.
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