Hilfsmittelversorgung

HiMi-Dumping: AVWL attackiert IKK classic

, Uhr
Berlin -

Ab Juli drohen laut Apothekerverband Westfalen-Lippe deutliche Einschnitte für Asthmatiker, stillende Mütter und andere Patienten. Die IKK Classic gefährde dadurch die Versorgung ihrer Versicherten. „Denn zu den angebotenen Dumpingpreisen können Apotheken die Patienten nicht versorgen“, so Verbandschef Thomas Rochell.

Milchpumpen für junge Mütter, Inhalatoren für Asthmatiker, wiederbefüllbare Insulin-Pens und Pen-Nadeln für Diabeteskranke, Augenpflaster für Kinder und vieles andere mehr – wer auf solche Hilfsmittel angewiesen sei, werde in den Apotheken vor Ort schnell versorgt, so der AVWL. „Auch, wenn die Luft mitten in der Nacht wegbleibt oder die Stillprobleme am Wochenende auftreten“, sagt Inhaberin Karima Ballout, Vorsitzende der Bezirksgruppe Bottrop.

Mitglieder der IKK classic könnten ab dem 1. Juli in vielen Apotheken nicht mehr mit solchen Hilfsmitteln versorgt werden. Denn die Krankenkasse habe den Versorgungsvertrag gekündigt, auf dessen Grundlage die Apotheken bislang deren Versicherten helfen konnten. Einen Anschlussvertrag konnte der Deutsche Apothekerverband (DAV) mit der IKK Classic nicht vereinbaren: Die Krankenkasse habe ein Preisangebot unterbreitet, das so niedrig sei, dass die Versorgung der Patienten für die Apotheken unwirtschaftlich werde. Auf Verhandlungen habe sich die Kasse nicht eingelassen.

„Entweder wir Apotheken müssen draufzahlen oder die Patienten die Mehrkosten tragen. Das aber können sich viele, die Hilfe dringend brauchen, nicht leisten. Mit gutem Grund verlangt der Gesetzgeber, dass die Kassen ihren Versicherten eine mehrkostenfreie Versorgung ermöglichen müssen. Wir können uns im Interesse unserer Patienten daher auf das Kassen-Angebot nicht einlassen“, so Ballout.

Es sei nicht das erste Mal, dass eine Krankenkasse versuche, im Hilfsmittelbereich Dumpingpreise durchzudrücken. Vor drei Jahren habe die AOK NordWest im Bereich der Inkontinenzversorgung Konditionen unterbreitet, zu denen eine Versorgung schlicht unmöglich sei: 11,86 Euro wollte die Kasse nur noch für den kompletten Monatsbedarf eines Inkontinenzpatienten erstatten. „Wer einmal Windeln für einen Säugling gekauft hat, weiß, dass dies kompletter Irrsinn ist“, so Ballout.

Schlechtes Beispiel

„Wir müssen befürchten, dass weitere Krankenkassen diesen sehr schlechten Beispielen im Bereich der Hilfsmittelversorgung folgen und auf diese Weise versuchen werden, Kosten zu drücken – und zwar zu Lasten der eigenen Versicherten und deren Apotheken“, kritisiert Verbandschef Thomas Rochell. Dies sieht er als Beleg dafür, wie dringend reformbedürftig das Gesundheitssystem sei: Insbesondere funktioniere das System der Selbstverwaltung nicht mehr.

„Eigentlich ist es der Sinn der Selbstverwaltung, dass Krankenkassen und Leistungserbringer – wie Apotheken – einen fairen Interessensausgleich aushandeln. Die Kassen aber verhandeln nicht mehr mit uns, sondern diktieren die Konditionen. Und dieses Vorgehen führt dazu, dass die Patienten schlechter versorgt werden“, warnt Rochell. Zugleich trügen die Kassen dazu bei, dass sich das Apothekensterben weiter fortsetze.

Folgekosten befürchtet

Am Ende sparten sie mit ihrem Verhalten nichts, sondern verursachten zusätzliche Kosten im Gesundheitssystem: Wenn ein Asthmatiker am Wochenende ins Krankenhaus müsse, weil er kein Inhalationsgerät bekommen konnte, komme dies nicht günstiger, sondern teurer. Ebenso, wenn eine junge Mutter mit Stillproblemen aufgrund einer Brustentzündung behandelt werden müsse.

„Wir bitten unsere Patienten um Verständnis: Wir können uns auf das ,Angebot‘ der Krankenkasse nicht einlassen, weil wir auf Dauer nicht nur unsere eigenen Betriebe gefährden, sondern insbesondere die gute und wohnortnahe Versorgung der Menschen“, sagt Ballout. „Zugleich bitten wir die Patienten, uns zu unterstützen und ihre Krankenkasse aufzufordern, wieder faire Bedingungen zu schaffen. Wir hoffen sehr, dass die Krankenkasse einlenkt und die Politik der Selbstverwaltung neue Leitplanken setzt.“

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

APOTHEKE ADHOC Debatte

OSZAR »