Praxisnah, interaktiv und realitätsgetreu: In der neu ausgestatteten Übungsoffizin der PTA-Schule Münster lernen angehende PTA den Umgang mit Kundinnen und Kunden unter realistischen Bedingungen. Die technische Aufrüstung ermöglicht eine gezielte Vorbereitung auf echte Beratungssituationen – und verhindert so den Sprung ins kalte Wasser.
Die Einbindung der Übungsoffizin in den Schulalltag erfolgt in allen praktischen Fächern. Dazu werden die Schüler:innen zum Beispiel in kleine Gruppen eingeteilt, in denen abwechselnd die Rollen von PTA und Kundschaft übernommen werden. Jede Übung basiert auf Fallkarten – die/der Auszubildende weiß nicht, welches Anliegen der Kunde mitbringt. „Sie haben total viel Spaß, da kommen auch schon schauspielerische Talente hervor“, freut sich Schulleiterin Nicole Budny.
Gleichzeitig werden auch die beobachtenden Schüler:innen in die Beratungssituation mit eingebunden: „Sie lernen, wie man konstruktives Feedback gibt und auch, Situationen genau zu beobachten und zu analysieren“, erklärt Budny. Es gehe darum zu erkennen, ob das im Unterricht Besprochene auch korrekt umgesetzt wurde – und dies konstruktiv rückzumelden.
Darüber hinaus werde die Lehroffizin auch dafür genutzt, um den Schüler:innen Einblicke in die gängigen Datenbanken zu geben; geplant sei ebenso die Integration in das Fach Galenische Übungen, also der komplette Weg von der Annahme einer Rezepturverordnung über die Herstellung bis hin zur konkreten Abgabe an Kunden.
Die Übungsoffizin wurde kürzlich durch eine Kooperation mit der BA-Unternehmensgruppe technisch ausgestattet, hinter der die Inhaberfamilie der Berg-Apotheke im westfälischen Tecklenburg steht. „Natürlich hat jeder Apotheker sein eigenes Warenwirtschaftssystem“, stellt Budny klar; das könne im Schulalltag nicht berücksichtigt werden. Dafür werde ein Augenmerk auf die sogenannten Soft Skills gelegt, also auf soziale Kompetenzen wie beispielsweise Kommunikationsfähigkeit, Teamarbeit und Verantwortungsbewusstsein. „Es gehört auch zur Übung, nicht die ganze Zeit wortlos auf den Bildschirm zu starren, während der Kunde am HV steht und sich fragt: ‚Was macht die oder der da gerade eigentlich?‘“
Wichtig für die praktische Ausbildung seien auch die Lehrer:innen, die neben ihrer Tätigkeit an der Schule auch noch in der Apotheke tätig sind. „Da wird eine wichtige Brücke zum echten Berufsalltag geschlagen, einfach, weil sie wissen, was gerade topaktuell in der Apotheke nachgefragt wird und sie genau das in die Übungsoffizin bringen können.“
Mit der neuen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung, die am 1. Januar 2023 in Kraft trat, wurde festgelegt, dass Information und Beratung nicht nur im Unterricht vermittelt, sondern ausdrücklich auch praktisch eingeübt werden müssen.
Damit wird die Kommunikationskompetenz als eine der zentralen Anforderungen im Berufsalltag besonders betont. „Das, was früher das Fach Apothekenpraxis war, ist jetzt eine Kombination aus theoretischer und praktischer Arzneimittelkunde“, erklärt Budny. Behandelt werden unter anderem Selbstmedikation, Kundenkommunikation, Rezeptbelieferung, Telefonate und Interaktionen mit Ärztinnen und Ärzten.
Im Fach Apothekenpraxis gehe es dafür jetzt zusätzlich um EDV-Systeme, pharmazeutische Dienstleistungen, Qualitätsmanagement und Meldungen an die Arzneimittelkommission. „Also es ist eine komplette Umstrukturierung gewesen“, sagt die Schulleiterin. „Aber ich würde sagen, nicht zum Nachteil.“ Die Inhalte seien nun nachhaltiger miteinander verknüpft: „Wenn ich etwas theoretisch gelernt habe und dann spreche ich drüber, dann ist das nochmal besser verankert.“
Die Ausbildung sei dadurch praxinäher geworden, findet Budny. „Ich sage meinen Schülern am Anfang ihrer Ausbildung immer, die PTA-Ausbildung ist wie ein Tausend-Teile-Puzzle; man lernt in jedem Fach überall etwas. Je weiter man in der Ausbildung kommt, desto mehr setzt sich das Gesamtbild zusammen.“ Die Übungsoffizin trage dazu bei, dass dieses Bild nicht nur vollständig, sondern auch lebendig und praxisnah wird.